04 | Hauptbahnhof

Adresa: Nádražní 595/4

Gedenken an den ältesten jüdischen Friedhof der Stadt und an das Ende des jüdischen Brünn.

Der Brünner Bahnhof, der bereits Anfang der 40er Jahre des 19. Jahrhunderts in der Nähe der Stadtmauern erbaut wurde, ist eine symbolische Stätte, die den Anfang und den Untergang der jüdischen Besiedelung in Brünn in sich vereint. In der Vorstadt vor dem Judentor, dort also, wo sich heute der Bahnhof befindet, lag seit dem Mittelalter der älteste Jüdische Friedhof der Stadt Brünn. Das Grundstück am Mühlgraben des Flusses Svitava (Zwitta) diente bis in die 50er Jahre des 15. Jahrhunderts, als die Juden aus Brünn vertrieben wurden, als jüdische Begräbnisstätte. Kurz danach ließen Christen die altertümlichen jüdischen Gräber aus der Erde reißen und nutzen sie als Baumaterial für ihre Häuser, Straßenpflaster oder für das Gemäuer des Stadtwalls. Bei Umbauten und Ausgrabungen wurde festgestellt, dass bis in die Gegenwart Fragmente von Gräbern an verschiedenen Orten des historischen Stadtkerns von Brünn zu finden sind.

Fragment náhrobku. Foto © Muzeum města Brna

Fragmente von Gräbern. Foto © Museum der Stadt Brünn

Fragment náhrobku. Foto © Muzeum města Brna

Fragmente von Gräbern. Foto © Museum der Stadt Brünn

Fragment náhrobku. Foto © Jaroslav Klenovský

Fragmente von Gräbern. Foto © Jaroslav Klenovský

Die Maßnahmen gegen die Juden im Mittelalter waren ein gewisses Vorzeichen für die schicksalhaften Ereignisse, die mit der Auslöschung der Brünner Juden während des Zweiten Weltkriegs verknüpft sind. Von den deutschen antijüdischen Verordnungen, die als Nürnberger Rassengesetze bekannt sind, wurde bereits zu Beginn der Besetzung durch die Nationalsozialisten im März 1939 gegen Brünner Juden Gebrauch gemacht.
 
Shromaždiště na Merhautově ulici (dnes Základní škola Merhautova). Foto 2x © Archiv města Brna
 
Shromaždiště na Merhautově ulici (dnes Základní škola Merhautova). Foto 2x © Archiv města Brna
2x Sammelstelle in der heutigen Merhautova-Straße. Foto © Archiv der Stadt Brünn
 
Besatzungs- und Protektoratsbehörden übten auf die einst gleichberechtigten Bürger der Tschechoslowakei nach und nach massiven Druck aus, mit dem sie voll und ganz vom öffentlichen und wirtschaftlichen Leben des Protektorats ausgeschlossen werden sollten. Erniedrigende Einschränkungen, Verbote, der Verlust des Arbeitsplatzes, Vermögens und des Großteils der Bürgerrechte stellten jedoch nur das Vorspiel zu einem tragischen Ausgang in Form des Holocaust dar. Der erste von Dutzenden Transporten mit Brünner Juden, an deren Ende nur absolute Hoffnungslosigkeit und Grauen warteten, fuhr am 26. November 1941 vom Hauptbahnhof ins neu errichtete Ghetto in Minsk ab. Auf den Bahnhof wurden die Juden mit der Straßenbahn von einer Sammelstelle in der heutigen Merhautova-Straße gebracht.

Aus Geheimhaltungsgründen fand die ganze Aktion in den Nachtstunden statt. Der erste Transport fuhr von Gleis 5 ab, die folgenden Transporte wurden von Gleis 1 abgefertigt, wo in der Regel schon der Zug bereit stand. Wie die Abfahrten aus Brünn abliefen, hat eine der Zeugen festgehalten. „Der Abtransport auf den Bahnhof fand unter großem Gebrüll statt, wir waren vor Angst außer uns, ständig befragte man uns nach verstecktem Geld, aber zum Beispiel auch nach unseren Hunden. Im Zug ergriff uns die Furcht, dass man uns durchsuchen würde, um unsere versteckten Wertsachen zu finden. Viele entsorgten ihre „Schätze" daher in der Zugtoilette. In Panik warf ich deshalb eine Halskette mit einem Porzellananhänger mit den Zehn Geboten weg. Damals ahnten wir nicht, wie nützlich uns diese kleinen Wertsachen später sein könnten.“
Bis Juli 1943 brachten die Transporte über Zehntausend Brünner Juden ins Ghetto in Theresienstadt, von wo aus Juden in die Vernichtungslager im Osten deportiert wurden. Das Wüten der Nationalsozialisten in Brünn überlebten lediglich 670 Personen.
 
Transporty vypravené z Brna (přehled podle J. Klenovského). Abgefertigte Transporte aus Brünn.
Pamětní deska na budově někdejšího shromaždiště. Foto © Jaroslav Klenovský.
Gedenktafel am Gebäude des ehemaligen Sammelplatzes. Foto © Jaroslav Klenovský