Judentor
Die jüdische Bevölkerung in Brünn hat ihren Anfang bereits im 13. Jahrhundert (Sie können sie auf unserem Jüdischen Rundgang kennenlernen). Einen maßgeblichen Einfluss auf die Geschichte der Brünner Industrie hatte sie allerdings erst nach 1848. In diesem Revolutionsjahr wurde nämlich das diskriminierende Gesetz aufgehoben, das ihnen bis dahin verboten hatte, in Brünn Unternehmen zu gründen, weshalb sie ihre Gewerbe in Kleinstädten und Dörfern in der mährischen Provinz betreiben mussten – im Süden in Bučovice, Ivančice oder Mikulov und im Norden in Svitávka oder Boskovice. Nach der Lockerung der Verhältnisse errichteten sie neue Wolltuchfabriken direkt in dem Industriezentrum, wo es genug Arbeitskräfte sowie die entscheidende Eisenbahnverbindung gab. Die Qualität ihrer Produkte sollte bald die örtliche Konkurrenz übertreffen.
Die Namen der ersten jüdischen Unternehmer – Auspitz, Bauer, Beran, Fuhrmann, Gomperz, Hecht, Kafka, Löw, Löw-Beer, Samek, Skutezky, Stiassni, Strakosch, Tugendhat und Weinberger – prägten daraufhin nicht nur die Gewerbegeschichte, sondern auch die Kulturgeschichte Brünns bzw. Südmährens.
Das Judentor. Foto © Archiv der Stadt Brünn
Auf dem Weg zu der nächsten Station können wir Sie auch auf weitere Denkmäler mit Bezug auf die jüdische Stadtbevölkerung hinweisen, die heute nicht mehr bestehen. Beispielsweise auf den ältesten jüdischen Friedhof, der dem Bau des Hauptbahnhofs weichen musste, oder auf die wunderschöne Synagoge im neuromanischen Stil der Wiener Architekten J. Romano von Ringe und A. Schwendenwein von Lanauberg, die an der Ecke der Straßen Přízova und Spálená stand. Das architektonisch wertvolle Gebäude aus dem Jahre 1855 wurde am Vorabend des Hitler-Besuchs in Brünn vom 16. März 1939 von Anhängern des Nationalsozialismus niedergebrannt. An ihrer Stelle ist (trotz der Nachkriegszusagen des Magistrats über eine pietätsvolle Gestaltung der Fläche) bis heute nur eine leere Baulücke geblieben, die auf eine neue Nutzung wartet.
Die zurzeit einzige Synagoge in Brünn, die Synagoge Agudas Achim, befindet sich in der Straße Skořepka und besticht auch dank ihrer nüchternen funktionalistischen Gestaltung des Architekten Otto Eisler. Ausführlichere Informationen erhalten Sie an der siebenten Station unseres Jüdischen Rundgangs.
Aber unser Weg führt nun zu der nahen Fabrik von Max Kohn und den Tugendhats.
Große Synagoge an der Ecke der Straßen Přízová und Spálená (Foto: Jüdisches Museum in Prag)
Synagoge Agudas Achim. Foto © Reprodukce z knihy Petr Pelčák, Jindřich Škrabal, Ivan Wahla: Otto Eisler 1893–1968. Brno, Obecní dům 1998, s. 43.