Treffunkt der tschechischen Arbeiter sowie der Künstler von „Devětsil“, Gründungsort der Sozialdemokratie (1897).
Der architektonisch interessante Kulturhauskomplex in der Straße Spolková (der früheren Straße Marxova) wurde 1897 im Zentrum des Fabrikviertels Cejl (Zeile) als Treffpunkt der tschechischen Arbeiterschaft erbaut. Bald wurde er auch zu einem wichtigen politischen Zentrum, wo der Abgeordnete Josef Hybeš (1850–1921) Vorträge hielt und auch die Brünner Sozialdemokratie gegründet wurde. In dem schönen Garten, wo sich eine berühmte Gaststätte befand, trafen sich linksgerichtete Künstler der Gruppe Devětsil. Später diente es als Unterhaltungs- und Tanzsaal, wo viele Brünner ihre ersten verlängerten Tanzstunden erlebten. In den 1990er Jahren waren hier die Klubs Harlem und THC untergebracht. Das halbvergessene Bauwerk befindet sich heute wegen des Desinteresses seines Besitzers leider in einem erbärmlichen Zustand.
Streikende Textilarbeiter im Garten des Arbeitervereinshauses, 1899. Foto © AMB
Josef Hybeš (Foto: AMB)
Die Textilarbeiter gehörten in Brünn zu den ältesten Berufsgruppen der Fabrikarbeiter. Während die Arbeit der ersten deutschen Fachkräfte in den Manufakturen als hochqualifizierte Handwerksfertigkeit geschätzt wurde, nahm der Wert ihrer Arbeit mit der steigenden Zahl von Fabriken und der Einführung von Maschinen ab. Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts waren die Arbeitsbedingungen in den Fabriken hart, die Bezahlung war schlecht, und nicht selten kam es zu schweren Unfällen.
Die Arbeitgeber reduzierten ihre Kosten auch durch das Ersetzen der männlichen Arbeiter durch Frauen und Kinder, denen sie unvergleichlich niedrigere Löhne auszahlten. Dieses führte zu zahlreichen Streiks. Einen außerordentlich großen Textilarbeiter-Protest organisierte 1889 die Sozialdemokratie. Den mächtigsten Aufstand aber stellte ein Streik dar, an dem sich 1899 etwa 12 000 Arbeiter aus über 60 Brünner Textilfabriken beteiligten. Acht Wochen lang streikten sie für eine Verkürzung der häufig zwölfstündigen Arbeitszeit. Sie hatten aber nur teilweise Erfolg.
Mit der Zeit setzte sich in Brünn eine zentralisierte Gewerkschaftsbewegung durch, die nach 1906 zur Taktik der Kollektivverhandlung überging. Dabei gelang es den Gewerkschaften, für die örtlichen Textilarbeiter höhere Löhne zu erzwingen, als ihre Kollegen in Liberec (Reichenberg) oder Jihlava (Iglau) erhielten. Wichtig war dabei das gemeinsame Vorgehen der tschechischen und deutschen Arbeiter. Bis zur Beeinträchtigung ihrer Beziehungen durch nationale Konflikte waren sie bei Verhandlungen erfolgreich; aber ihre Teilung in national-soziale Gewerkschaften führte schließlich zum Scheitern des großen Streiks von 1912.
Während sich am Anfang des 19. Jahrhunderts die Manufakturarbeiter gegen die Maschinen auflehnten, die ihnen nach ihrer Meinung die Arbeit nahmen, demonstrierten sie Ende des Jahrhunderts gegen den zwölf- bis vierzehnstündigen Arbeitstag und gegen niedrige Löhne.
Auf dem Foto ist eine Beschwerde der Tuchscherer aus Offermanns Fabriken, die 1803 gegen das Ersetzen der Handarbeit durch Maschinen protestierten. (Foto: MZA)