Hier lebten August mit Alice und ihre Kinder Margarete (Didi) und Eric.
Arnold Löw-Beers Sohn August wurde 1918 Gesellschafter der Firma Aron & Jakob Löw-Beer’s Söhne. Vier Jahre später ließ er für seine Familie eine freistehende Villa in Hlinky 132 erbauen. Das Haus ist nicht so avantgardistisch wie die vorherigen Bauwerke, aber mit über zwei Dutzend Zimmern und umfangreichen Nebenanlagen stellte es ein wirklich luxuriöses Wohnen dar. 1940 wurde es von der deutschen Armee beschlagnahmt, die hier ein Quartier des Sicherheitsdienstes errichtete. Nach dem Krieg wurden hier für mehrere Jahrzehnte ein Säuglingsinstitut und Kinderheim untergebracht.
Villa von August und Alice Löw-Beer in Hlinky 132, blick aus dem Garten. Foto: Štěpán Kaňa
Aus den Erinnerungstexten von Daniel Low-Beer:
Die Vermählung von Alice und August wurde von der Familie zunächst abgelehnt. Alice war anmutig und hatte viele Bewerber, einige von ihnen dürften wohl Gerüchte verbreitet haben. August, der auf dieser Ehe bestand, wurde enterbt. Bald jedoch wurde er wieder eingesetzt. Das Ehepaar hatte eine gewisse Anziehungskraft. Alice war eine nicht nur sehr schöne, sondern auch praktische und unternehmungslustige Frau sowie hervorragende Gastgeberin. August war ein charmanter Begleiter und überzeugender Diplomat, er war u.a. als österreichischer Konsul tätig.
Ihr Sohn Eric Löw-Beer erinnerte sich: „Meine Mutter spielte nachmittags Klavier, sie war gebildet, neben Klavier studierte sie auch Französisch. Mein Vater pflegte abends Geschichten zu erzählen, hauptsächlich über Automobile, die damals neu waren. Die Eltern reisten mit ihrem Auto durch ganz Europa einschließlich England sowie durch Nordafrika. Während des Ersten Weltkriegs rückte mein Vater ein, und meine Mutter arbeitete als Krankenschwester in einem örtlichen Krankenhaus.
Erics Schwester Didi erzählte, dass die Familie stark von Frauen beeinflusst war, die in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich waren. „Meine Mutter hatte ein unbestreitbares organisatorisches Talent, sie kümmerte sich um die Sozialfürsorge für die Fabrikarbeiter, um ihre Renten und Gesundheitsversorgung, organisierte Besuche bei Kranken und widmete sich der Wohltätigkeit. Nicht nur sie, sondern auch andere Frauen in der Familie konnten einen Satz in einer Sprache beginnen und in einer anderen beenden, sie waren Männern nicht nur im Gespräch gleichgestellt, sondern sie beeinflussten auch deren Entscheidungen.“
Die Mutter von Didi und Eric war eine wirklich schöne Frau, und so blieb sie auch noch mit achtzig Jahren, als ich sie in London besuchte. Sie zeigte viele Eigenschaften, die es den Löw-Beer-Frauen ermöglichten, den Männern mindestens gleichgestellt zu sein. Sie war praktisch und unternehmungslustig, ihre Handarbeiten wurden im Londoner Kaufhaus Harrods verkauft. Als Mitglied des Roten Kreuzes besuchte sie alte Menschen, sie war eine ausgezeichnete Gastgeberin, immer elegant, mit festem Charakter, aber auch mit einem hervorragenden Sinn für Humor. Besonders nett war sie zu den Kindern.
Die Löw-Beer-Frauen verwandelten die jüdischen Prinzipien von Gerechtigkeit und sozialem Gefühl in eine innovative Grundlage der Sozialfürsorge. So halfen sie, einzigartige Beziehungen zwischen Firmeninhabern und ihren Mitarbeitern aufzubauen und aufrechtzuerhalten. Die meisten von ihnen überlebten ihre Männer erheblich, sie wurden achtzig, neunzig oder noch mehr Jahre alt und konnten mir deshalb viele Familiengeschichten erzählen. Ich erinnere mich an ihre Wärme, Noblesse und Charakterkraft. Als meine Großmutter starb, wurde mir klar, dass eine einzigartige Kultur und Lebensweise mit ihr verging, die sich nie mehr wiederholen würde. Die Löw-Beer-Frauen überlebten als Vertreterinnen einer bestimmten Kultur, eines bestimmten Ortes und einer bestimmten Zeit, die nicht weiter überliefert werden konnten. Es war, als würde man ein seltenes, anmutiges und mächtiges Tier beobachten, das jedoch bereits ausgestorben ist.
Tipp: Die vierte bis zehnte Station dieses Themenweges befinden sich entlang der Straßenbahnlinie Nr. 1. Die erste Straßenbahnlinie in Brünn wurde 1870 als Pferdebahn in Betrieb genommen, die später durch eine Dampfbahn (1884) und schließlich eine elektrische Straßenbahn (1900) ersetzt wurde. Die Straßenbahnlinie Nr. 1 wurde im Juni 1900 in Betrieb genommen.