Drei Brüder – Felix, August und Walter Löw-Beer – lebten zwar in Hlinky, waren jedoch weltweit geschäftlich tätig.
In den 1920er und 1930er Jahren erlebte Brünn, eines der größten Industrie- und Verwaltungszentren der neu gegründeten Tschechoslowakei, einen beispiellosen Boom. Die Brüder Felix, August und Walter Löw-Beer standen im Mittelpunkt des Geschehens. Gemeinsam machten sie Geschäfte, betrieben einige der größten Textilfabriken in Europa, nahmen am gesellschaftlichen Leben teil und bauten ihre privaten Familienresidenzen in unmittelbarer Nähe des damals errichteten Brünner Messegeländes auf (Hlinky 132, 104, 86). Der moderne avantgardistische funktionalistische Geist der Ausstellungshallen und Exponate entsprach der neuen Identität des jungen Staates, der zu den höchstentwickelten Ländern der Welt gehörte. Das Brünner Messegelände wurde 1928 anlässlich des zehnten Gründungstages der Tschechoslowakei von dem Staatspräsidenten Tomáš Garrigue Masaryk feierlich eröffnet. Die Eröffnungsausstellung war eine Würdigung der zeitgenössischen tschechoslowakischen Kultur und Wirtschaft.
Brünner Messegelände. Foto: Štěpán Kaňa
Aus den Erinnerungstexten von Daniel Low-Beer:
Der älteste Bruder, Felix, war Geschäftsführer der Familienfabrik, er war präzise und hatte eine herzliche Beziehung zu den Mitarbeitern. Walter war technischer Direktor und Innovator, er verantwortete den Einkauf von Wolle, angeblich erkannte er schon durch Betasten, woher die Wolle kam. August war Geschäftsmann und Verkäufer, er war sehr gesellig mit guten diplomatischen Fähigkeiten. Unter seinem Einfluss exportierte die Fabrik nach Europa und zunehmend auch weltweit. August überlegte im Großen, Felix im Kleinen, und Walter innovativ. Die drei Brüder bildeten ein Team, das eine Familienfirma, zunehmend aber auch ein internationales Unternehmen mit globalen Ambitionen leitete. Auf einer alten Visitenkarte, die ich 2018 erhalten habe, steht: „Export in alle Länder. Vertreter in allen Handelszentren der Welt.“
Firmenvisitenkarte, auf der „Vertreter in allen Handelszentren der Welt“ annonciert werden. Foto aus dem Buch Arks.
Tipp: Besuchen Sie das Brünner Messegelände, seinerzeit einer der bedeutendsten funktionalistischen Baukomplexe der Welt. Die Vorbereitungen für den Bau begannen bereits zur Zeit der Österreichisch-Ungarischen Monarchie, wurden jedoch durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen. Nach der Gründung der unabhängigen Republik erlebte Brünn einen außergewöhnlichen Aufschwung, und Vertreter der lokalen Industrie- und Handelskreise nutzten die Idee, hier eine große Ausstellung zur Feier des zehnten Gründungsjubiläums der Tschechoslowakischen Republik zu veranstalten. Das Projekt erhielt Unterstützung, die Stadt Brünn kaufte die erforderlichen Grundstücke (früher als Bauer-Rampe bekannt) und schrieb einen Architekturwettbewerb aus, in dem ein Entwurf von Josef Kalous siegte. Das Hauptmotiv war ein monumentaler kreisförmiger Eingangsbereich, von dem aus zwei breite Promenaden liefen, gesäumt mit Pavillons, die nach Kalous’ Konzept von anderen renommierten Architekten (Valenta, Kroha, Fuchs, Chroust, Králík, Čermák u.a.) entworfen wurden. Die Bauarbeiten begannen Ende 1926, der gesamte Komplex wurde in weniger als anderthalb Jahren fertiggestellt (die Eröffnungsfeier fand am 26. Mai 1928 statt). Die Ausstellung der zeitgenössischen Kultur in der Tschechoslowakei zog mehr als zweieinhalb Millionen Besucher an. Während der Besatzung wurde das Gelände von der deutschen Armee übernommen, wodurch es am Ende des Krieges schwer beschädigt und für den Abriss vorgesehen war. 1947 begann jedoch seine Wiederherstellung. Erhaltene Gebäude aus dem Jahre 1928 und einige der wichtigsten jüngeren Gebäude sind heute unter Denkmalschutz gestellt.