Auf den Spuren der Brünner Juden nach dem Zweiten Weltkrieg und ihrer Erinnerungsorte.
Angesichts des raschen Anstiegs der jüdischen Bevölkerung in Brünn zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand der Bedarf, eine neue Synagoge zu errichten. Die Brünner Jüdische Gemeinde erwarb daher im Jahr 1904 ein weitläufiges Miethaus am Glacis (Koliště), dessen Hof, der in Richtung Ponávka-Straße ging, wie geschaffen für den Bau einer neuen Synagoge zu sein schien. Das Gebäude selbst diente bis zur Besetzung den Zwecken der jüdischen Gemeinde. Die Synagoge nach einem Entwurf des Wiener Architekten mährischen Ursprungs Max Fleischer wurde von der Baufirma Alfred Zeisel in den Jahren 1905–1906 errichtet. Im September 1906 fand im Beisein von Vertretern des Landes und der Markgrafschaft die feierliche Einweihung des Gotteshauses statt.
Neue Synagoge. Foto © Židovské muzeum v Praze
Neue Synagoge. Foto © Židovské muzeum v Praze
Neue Synagoge. Foto © Židovské muzeum v Praze
Max Fleischer (1900)
Neue Synagoge (1985). Foto © Jaroslav Klenovský, Jaroslav Holáň
Neue Synagoge (1985). Foto © Jaroslav Klenovský, Jaroslav Holáň
Neue Synagoge (1985). Foto © Jaroslav Klenovský, Jaroslav Holáň
Die Demolierung der Synagoge spiegelte in großem Maße den Bezug der Mehrheitsgesellschaft zu den Juden nach dem Zweiten Weltkrieg wider. Von einer blühenden Gemeinde, die kurz vor dem Krieg um Hunderte von jüdischen Flüchtlingen aus Deutschland, Österreich und dem Sudetenland erweitert wurde, überlebten nur einige Hundert Personen den Holocaust, die nur äußert zögerlich nach Brünn zurückkehrten. Die Brünner Juden, die traditionell mit der deutschen Kultur verhaftet waren, waren in der befreiten Tschechoslowakei nicht willkommen. Ihr Eigentum, das von den Besatzungs- und Protektoratsbehörden ins Auge gefasst wurde, hatte in den meisten Fällen bereits einen anderen Besitzer aus den Reihen der Tschechen, die nicht gewillt waren, den Besitz, an den sie unversehens gelangt waren, aufzugeben. Die überlebenden Juden, die oftmals in Vernichtungslagern all ihre Verwandten verloren hatten, waren nun Ablehnung, bürokratischer Schikane und kaum verhüllten antisemtischen Ausfällen ausgesetzt. Als Beispiel sei das bis heute nicht komplett zurückerstattete Eigentum der Brünner Jüdischen Gemeinde aus der Vorkriegszeit genannt, zu dem mehrere Gebäude und Grundstücke zählten, die über das ganze Stadtgebiet verteilt waren. Die Situation der zurückkehrenden Brünner Juden verschlimmerte sich im Februar 1948. Die politischen Prozesse unter dem Taktstock der kommunistischen Partei gingen mit antisemitischen Ausfällen in der Presse einher, die auffällig an die finsteren Jahre des Nationalsozialismus erinnerten. Die eingeschüchterten Bürger mit jüdischen Wurzeln hatten nicht allzu viele Gründe, im Land hinter dem Eisernen Vorhang auszuharren. In den späten 50er Jahren und insbesondere in den 60er Jahren nutzten viele von ihnen die Gelegenheit, auf Dauer auszuwandern, am häufigsten nach Israel, wo sie ein neues Leben begannen. Etliche Juden jedoch beschlossen trotz der widrigen Umstände in Brünn zu bleiben und bilden bis heute einen festen Bestandteil der Identität der Stadt.